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Inklusive Arbeitswelt
Aktuelle Forschung
Es ist nicht nur aus ethischer Sicht gut und richtig, Menschen mit Behinderung die Tür zum ersten Arbeitsmarkt zu öffnen. Auch wirtschaftlich zahlt sich Inklusion aus. Das zeigen aktuelle Untersuchungen – und einfache Rechenbeispiele. Wo miteinander gearbeitet wird, können Produktivität und innovative Kraft genauso wachsen wie die Mitarbeiterbindung und die positive Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit.
Inhaltsverzeichnis
Inklusionsbarometer Arbeit
Statistische Daten und persönliche Eindrücke
2013 führte die Aktion Mensch das „Inklusionsbarometer Arbeit“ als neues Instrument ein. Seither untersucht die Organisation jedes Jahr die (objektive) Inklusionslage und das (subjektive) Inklusionsklima in Deutschland. Grundlage sind statistische Daten sowie Umfragen unter Unternehmen und Beschäftigten mit Behinderung. Das Barometer 2013 stellt die Situation in Deutschland vor. 2014 werden Vergleiche zum Vorjahr gezogen, Tendenzen vorgestellt und erstmals auch regionale Unterschiede erhoben. 2015 geht das Inklusionsbarometer u. a. der Frage nach, welche Rolle die Art der Behinderung auf dem Arbeitsmarkt spielt.
Menschen mit Behinderung: hoch geschätzte Beschäftigte
Die Ausgabe 2015 bestätigt: Es gibt noch sehr viel zu tun. Doch das Inklusionsbarometer zeigt auch, „dass Menschen mit Behinderung große Wertschätzung von Arbeitgebern erfahren. Sie schätzen die hohe Motivation, Leistungsbereitschaft und Identifikation mit dem Unternehmen. Und sie attestieren Menschen mit Behinderung einen positiven Einfluss auf das Arbeitsumfeld. Vielfalt unter Mitarbeitern führt vielfach eben zu mehr Offenheit und einem menschlicheren Klima.“ (Aus dem Vorwort von Christina Marx, Leiterin des Bereichs Aufklärung bei der Aktion Mensch.)
Aus dem Inklusionsbarometer 2015
- Der Gesamtwert des Inklusionsbarometers hat sich von 2013 bis 2015 leicht verbessert. Nicht nur die Zahl der beschäftigungspflichtigen Unternehmen ist gestiegen, sondern auch die der Beschäftigten mit Behinderung. Nach wie vor suchen jedoch sehr viele Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz. Nicht einmal die Hälfte der 3,33 Millionen Menschen mit Behinderung im Erwerbsalter in Deutschland ist in den Arbeitsmarkt integriert.
- Wo Inklusion umgesetzt wird, scheint sie gut zu gelingen: 96 Prozent der befragten Beschäftigten mit Behinderung gaben an, sie seien an ihrem Arbeitsplatz voll integriert und akzeptiert.
- 87 Prozent sind der Meinung, sie seien entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt. Für jüngere Beschäftigte mit Behinderung trifft dies allerdings deutlich mehr zu als für ältere.
- 77 Prozent der Arbeitgeber sehen keine Leistungsunterschiede zwischen Beschäftigten mit und ohne Behinderung.
- 93 Prozent der Personalverantwortlichen und 73 Prozent der Beschäftigten mit Behinderung würden ihr Unternehmen einem arbeitsuchenden Bekannten mit Behinderung empfehlen.
- Der demografische Wandel kommt auch Menschen mit Behinderung zugute. Wegen des (drohenden) Fachkräftemangels erkennen mehr Unternehmen das Potenzial von Beschäftigten mit höherem Alter und/oder Behinderung.
- Ihre Karrierechancen schätzen Menschen mit Behinderung sehr unterschiedlich ein. Gute Entwicklungsmöglichkeiten sehen 67 bzw. 70 Prozent der Angestellten sowie Beamtinnen und Beamten, aber nur 56 Prozent der befragten Arbeiterinnen und Arbeiter.
Noch zu wenig Wissen über Fördermittel
Ein verblüffendes Ergebnis der Erhebung: Selbst in Unternehmen, die Menschen mit Behinderung beschäftigen, sind die zahlreichen Fördermöglichkeiten oft noch nicht bekannt. Deshalb hier noch einmal ganz deutlich:
Wer Menschen mit Behinderung beschäftigen möchte oder schon beschäftigt, findet beim ZBFS-Inklusionsamt und bei den Arbeitsagenturen Beratung, Begleitung und alle Infos über Förderprogramme!
Ansprechpartner für Unternehmen und Menschen mit Behinderung:
Vorurteile bremsen den Mut zur Inklusion
54 Prozent der von der Aktion Mensch befragten Personalverantwortlichen dachten 2014 beim Stichwort „Behinderung“ an eine körperliche, 39 Prozent an eine geistige Behinderung. Oft vermuten sie deshalb, dass sie keine geeigneten Stellen für Menschen mit Behinderung anbieten können. Fakt ist allerdings:
- Der Gesamtwert des Inklusionsbarometers hat sich von 2013 bis 2015 leicht verbessert. Nicht nur die Zahl der beschäftigungspflichtigen Unternehmen ist gestiegen, sondern auch die der Beschäftigten mit Behinderung. Nach wie vor suchen jedoch sehr viele Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz. Nicht einmal die Hälfte der 3,33 Millionen Menschen mit Behinderung im Erwerbsalter in Deutschland ist in den Arbeitsmarkt integriert.
- 80 Prozent der Behinderungen werden im Laufe des Lebens erworben, z. B. durch Bandscheibenvorfälle, schwere Gelenkprobleme oder eine Krebserkrankung. Mit entsprechend angepassten Arbeitsplätzen und/oder z. B. Arbeitszeitmodellen können die betroffenen Beschäftigten oft erfolgreich weiterarbeiten.
- Das Gleiche gilt auch für viele Menschen mit (angeborener oder erworbener) Körperbehinderung.
- Menschen mit geistiger Behinderung haben es nach wie vor schwer auf dem ersten Arbeitsmarkt. Doch oft wollen – und könnten – sie sich durchaus auch außerhalb von Werkstätten für behinderte Menschen beweisen.
Sie möchten mit weiteren Vorurteilen aufräumen? Lesen Sie hier: Vorurteile & Fakten.
Audi-Studie
Hintergrund: Das Alter der Beschäftigten steigt
„Demografischer Wandel“ – das bedeutet in Deutschland: Unsere Bevölkerung wird in doppeltem Sinne älter. Zum einen steigt unsere Lebenserwartung. 1976 lag sie noch bei gut 71 Jahren; inzwischen ist sie auf mehr als 80 Jahre gestiegen (Quelle: Weltbank/Public Data). Zum anderen werden immer weniger Kinder geboren. Die Sterberate in Deutschland ist höher als die Geburtenrate (Quelle: Statistisches Bundesamt).
Was sind die Folgen des demografischen Wandels? Es gibt weniger junge Menschen. Das spüren schon etliche Branchen – Stichwort Fachkräftemangel. Weniger junge Menschen plus eine höhere Lebenserwartung, das bedeutet auch: Wir müssen länger arbeiten, um unsere Rente zu erwirtschaften. Mit dem Alter nehmen nicht nur die harmlosen Zipperlein zu. Steigt das Durchschnittsalter in einem Unternehmen, wächst auch die Zahl der Beschäftigten mit (Schwer-)Behinderung.
Das Durchschnittsalter in den Belegschaften vieler Firmen steigt. Doch steigendes Alter …
… bedeutet nicht unbedingt nachlassende Leistung. Ältere Beschäftigte punkten mit Erfahrung und breitem Wissen.
Demografischer Wandel als „Motor“
Die AUDI AG hat diese Entwicklung schon Ende der 80er-Jahre als Kernthema erkannt. Schon lange vor Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) erprobte das Ingolstädter Unternehmen, wie man Strukturen, Abläufe und Arbeitsplätze so gestalten kann, dass Behinderungen erst gar nicht entstehen bzw. Menschen mit Behinderung als wertvolle Arbeitskräfte erhalten bleiben.
Audi-Studie belegt: Inklusion ist ein Erfolgsfaktor
In einer Studie in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen (Schweiz) hat Audi das Thema Inklusion von 2012 bis 2015 untersucht. Neben der organisatorischen und technischen Umsetzung stand auch die Wirtschaftlichkeit von Inklusion im Blickpunkt. Einige Ergebnisse:
- Inklusion gelingt dann, wenn alle Hierarchieebenen einbezogen werden. Eine aufmerksame, wertschätzende und gesundheitsorientierte Führung ist genauso wichtig wie ein Team, das Vielfalt (Diversität) als Gewinn erkennt und tatsächlich lebt. Dazu gehört z. B., die Beschäftigten in die Gestaltung von Arbeitsplätzen einzubinden.
- Ein gut geführtes inklusives Team ist in allen Bereichen erfolgreicher. Das beginnt beim geringeren Krankenstand und reicht über höhere Leistung bis zu mehr Kreativität und innovativer Kraft.
- Ältere Beschäftigte haben vielleicht körperliche Einschränkungen. Doch geringere Kraft und Geschwindigkeit gleichen sie aus: Sie sind erfahrener und machen weniger Fehler.
- Arbeitsplätze, die auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zugeschnitten sind, fördern auch die Gesundheit der anderen Beschäftigten – und damit die gesamte Produktivität. Die Investition in ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze zahlt sich aus.
Weiterlesen – wie Inklusion in großen Unternehmen gelingt:
Beispiel AUDI AG, Ingolstadt
Beispiel SKF, Schweinfurt
Kosten der Personalakquise
Ein Mitarbeiter ist nach einem Unfall schwerbehindert. Aus Furcht vor der Investition in eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes und möglichen Folgekosten trennt sich das Unternehmen von ihm. Ein kluges Kalkül? Sehen wir uns die Alternativen an:
Möglichkeit 1 Dem Mitarbeiter kündigen und die Stelle neu besetzen |
Möglichkeit 2 Den Arbeitsplatz umrüsten und den Mitarbeiter weiter beschäftigen |
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Die Kosten für die Neubesetzung der Stelle (Wiederbeschaffungskosten) belaufen sich nach Beispielrechnungen auf knapp 10.000 bis mehr als 40.000 Euro. Diese Summe ergibt sich, wenn man u. a. den Produktivitätsausfall durch die unbesetzte Stelle, den Aufwand für Anwerbung, Auswahl und Einstellung, die nötige Einarbeitung und die Minderleistung in diesem Zeitraum addiert. |
Die Kosten für die stufenweise Wiedereingliederung übernehmen zu 100 Prozent die Renten-, Kranken- oder Unfallversicherung (Entgeltersatzleistungen). Zahlt der Arbeitgeber freiwillig ein Arbeitsentgelt, wird dies auf die Ersatzleistung angerechnet. Die behinderungsgerechte Ausstattung eines Arbeitsplatzes und die Anschaffung und Wartung nötiger Hilfsmittel kann mit bis zu 100 Prozent bezuschusst oder mit günstigen Darlehen unterstützt werden. Das Inklusionsamt bzw. die Integrationssfachdienste beraten Arbeitgeber und Beschäftigte und begleiten bei Bedarf die Wiedereingliederung. |
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